Internetbeschwerdestellen im Vergleich – Beschwerdemanagement bei der FSM

Der Ursprung des Internets liegt in den späten Sechzigern, als der Vorgänger des heutigen Internets als eine Vernetzung von Universitäten und Forschungseinrichtungen entstand. Die folgenden Jahrzehnte, vor allem die Einführung des World Wide Web (WWW) Anfang der Neunziger hat dem Internet eine rasante Entwicklung beschert. Heute nutzen 64 Prozent der Deutschen regelmäßig das Internet.

Unter Kindern und Jugendlichen ist der Anteil noch weitaus höher: 80 Prozent der 10-13jährigen Kinder in Deutschland sind regelmäßig online, Tendenz steigend. Die Entwicklung ist jedoch nicht am Ende, das Angebot an Inhalten und angebotenen Diensten wird immer unüberschaubarer. Es finden sich jedoch nicht nur seriöse Angebote: in der letzten polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes taucht die imposante Zahl von 179.026 erfassten Straftaten mit dem „Tatmittel Internet“ allein für das Jahr 2007 auf. Hinzu kommen noch unseriöse, belästigende oder jugendgefährdende Inhalte. Doch wer trägt für eine umfassende Kontrolle die Verantwortung und welche Möglichkeiten einer Kontrolle existieren überhaupt?

Die FSM und Ihre Tätigkeit

Eine Möglichkeit der Kontrolle bietet die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter“, kurz FSM.

Ziel des 1997 gegründeten Vereins mit Sitz in Berlin ist es die Verbreitung rechtswidriger und jugendgefährdender Inhalte in Online-Diensten zu verhindern. Sie ist von der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten anerkannt. In der Geschäftsstelle der FSM arbeiten insgesamt 13 Personen, vorwiegend Juristen und Medienpädagogen aber auch Politikwissenschaftler und natürlich Administratoren.

Mitglieder des Vereins sind Unternehmen, die Online-Angebote bereitstellen sowie Medien- und Telekommunikationsverbände, die sich durch ihre Mitgliedschaft dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (richtig: Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien, kurz: JMStV) anschließen.  Bekannte Mitgliedsunternehmen der FSM sind z.B. DSF, E-Plus, AOL oder Social-Networks wie studiVZ Ltd.

Die Internetbeschwerdestelle der FSM: gegen Happy Slapping, Porno und mehr

Eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung illegaler Inhalte ist die von der FSM betriebene Internetbeschwerdestelle.

Dort hat jeder Internetnutzer die Möglichkeit Beschwerde über illegale oder jugendgefährdende Inhalte einzureichen, auf die er im Netz stößt. Der Verein arbeitet mit Strafverfolgungsbehörden, Internet-Service-Providern und weltweiten Partnern zusammen, so dass illegale Inhalte aus dem Internet verschwinden und die Urheber zur Rechenschaft gezogen werden. Denn die Anonymität im Internet ist eine Illusion, jeder hinterlässt seine Spuren, die zurückverfolgt werden können. Bei Gesetzesverstößen kann die Staatsanwaltschaft die Herausgabe der benötigten Daten verlangen, die zur Strafverfolgung benötigt werden.

Ablauf einer Beschwerde bei der Beschwerdestelle der FSM: Beschwerdeordnung und mehr

Sollte man im Internet auf jugendgefährdende Inhalte gestoßen sein, existieren grundsätzlich zwei Möglichkeiten Beschwerde einzureichen: per Formular oder über die Beschwerde per Mail. Die Website informiert den Beschwerdeeinreicher zusätzlich über die  Beschwerdeordnung, in welcher der Ablauf einer Beschwerde, der Umgang des Personals mit dieser und mit den Daten des Beschwerdestellers umfassend geregelt ist.

Wird nun eine Beschwerde  eingereicht, kommt es laut Beschwerdeordnung erst zu einem Vorverfahren, in dem geprüft wird, ob die Website gegen den eigenen Verhaltenskodex stößt. Im Verlauf des Vorverfahrens werden daraufhin der Anbieter entsprechender Inhalte, sowie die Betreiber der Server ermittelt. Der Fall bekommt eine Prüfnummer und der Beschwerdegegner wird darüber informiert, dass eine Beschwerde gegen ihn eingegangen ist. Sollten die Gründe für die Beschwerde nicht nachvollziehbar sein, hat der Beschwerdeführer noch die Gelegenheit seine Beschwerde zu konkretisieren. Ändert nun der Beschwerdegegner sein Angebot, indem er die fraglichen Inhalte entfernt, wird die Beschwerde nur dann als gegenstandslos gewertet, wenn kein eklatanter Verstoß gegen den JMStV vorliegt. Sollte das jedoch der Fall sein, so kann, auch dann wenn der Beschwerdegegner die Inhalte bereits entfernt hat, eine Sanktionierung erfolgen.

Darüber entscheidet dann der Beschwerdeausschuss, der ein Gutachten auf Basis des JMStV und der eigenen Satzung erstellt. Es muss jedoch sowohl berücksichtigt als auch unterschieden werden, ob es sich bei dem Anbieter der fraglichen Inhalte um ein Mitglied  der FSM handelt oder um einen Dritten, denn handelt es sich um ein Mitglied des Vereins, hat die FSM die Möglichkeit eine Rüge auszusprechen, eine Vertragsstrafe fordern oder das Mitglied im schlimmsten Fall aus dem Verein ausschließen.

Es kann natürlich sein, dass die Server mit entsprechenden Inhalten im Ausland stationiert sind. Sollte das der Fall sein, übermittelt die FSM die Daten der Beschwerde an entsprechende Organisationen oder an Behörden im Ausland, wobei die Daten des Beschwerdeführers nicht mit weitergegeben werden und dieser in jedem Fall anonym bleibt.

Das Netz: ein Fundort für jugendgefährdende Inhalte

Wie eingangs erwähnt, ist das Web voll von illegalen oder jugendgefährdenden Inhalten, die über gängige Suchfunktionen und Suchwörter kinderleicht zu finden sind. Wie einfach das ist, zeigt das folgende Beispiel: In der rechten Szene hat sich über die Jahre ein spezieller Netzjargon entwickelt, also eine Art Geheimsprache bestehend aus Schlagworten und Abkürzungen, die auf rechte Inhalte hinweisen.

Dabei handelt es sich häufig um nicht strafbare Abwandlungen von sonst verfassungswidrigen Symbolen oder Parolen. Als ein gängiges Beispiel sei die Abkürzung HH (für „Heil Hitler“) oder als Zahlenkombination abgewandelt 88 (die 8 steht für den achten Buchstaben des Alphabets, also H) genannt. Wird nun „88+HH“ in die Suchmaschine Google eingegeben, findet sich unter den ersten zehn Treffern ein Link zu einem Internetshop, der Kleidung mit verfassungsfeindlicher Symbolik anbietet, die in Deutschland ganz klar verboten ist. Das ist nur ein Beispiel, wie einfach Kinder und Jugendliche an volksverhetzende, verfassungsfeindliche und klar jugendgefährdende Inhalte kommen können. So lassen sich z.B. auch Texte der als rechtsextrem einzuordnenden Band „Landser“ finden, die vom Bundesgerichtshof als „kriminelle Vereinigung“ eingestuft und somit verboten wurde. Grund genug um bei der FSM eine Beschwerde einzureichen und zu sehen, was passiert.

Selbstexperiment: Einreichung einer Beschwerde zu audiovisuellem Material der Gruppe Landser

Der meist gewählte Weg eine Beschwerde einzureichen, ist das online verfügbare Formular. Eine eingereichte Beschwerde wird jedoch nur dann bearbeitet, wenn das Formular korrekt ausgefüllt ist, wozu  die Angabe des Namens des Beschwerdestellers sowie eine funktionierende Emailadresse für eventuelle Rückfragen gehören. Ein weiteres Feld ist für die URL vorgesehen, unter welcher der fragliche Inhalt gefunden wurde. Außerdem muss ausdrücklich in schriftlicher Form der Grund angeben werden, warum der entsprechende Inhalt als bedenklich einzustufen ist.

Im obigen Fall der Gruppe Landser sind die Inhalte als volksverhetzend und stark jugendgefährdend anzusehen, da mit den Texten eine rechtsextreme Ideologie verbreitet werden soll und sogar zur Gewalt aufgerufen wird. So würde auch die Begründung aussehen, die zur Beschwerde zwingend erforderlich ist.

Wenige Sekunden nach Einreichung der Beschwerde versendet die FSM eine automatisch erstellte Bestätigungsmail an die angegebene Adresse, in welcher darauf hingewiesen wird, dass die Beschwerde angenommen und ein Verfahren eingeleitet wurde, illegale Inhalte jedoch in manchen Fällen auf Grund von Rechtsverfolgungsgründen noch eine Weile im Netz verfügbar sein könnten. Über den Ausgang des Verfahrens soll zu gegebener Zeit informiert werden. So auch geschehen: Wenige Tage nach Einreichung der Beschwerde wurde der Ausgang des Verfahrens per Mail mitgeteilt: Im Zuge der Ermittlungen wurde festgestellt, dass die Website mit den volksverhetzenden Texten auf Servern im Ausland liegt und solche Inhalte nach dortiger Rechtslage nicht verboten seien.

Da die Inhalte jedoch auch von der FSM als jugendgefährdend (im Sinne des §18 Abs.1 Jugendschutzgesetz) eingeschätzt wurden, wurde eine weitere Institution gebeten, bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien einen Indizierungsantrag zu stellen. Wird die Website nun auf die Indizierungsliste gesetzt, verschwindet sie zwar nicht aus dem Netz aber sie taucht zumindest nicht mehr in den meisten deutschen Suchmaschinen auf. Jedoch befasst sich nur der kleinste Teil der besagten Mail mit dem Ausgang des Verfahrens und der weitaus größte Textanteil weist belehrend und aufklärend zum richtigen Umgang mit dem Internet hin und nennt entsprechende Veröffentlichungen der FSM zu diesem Thema.

statistik-2008Wie groß im Endeffekt die Aussicht auf Erfolg bei eingereichter Beschwerde ist, hängt von vielen Faktoren ab. Die Zahlen sprechen da eine eindeutigere Sprache: 2008 wurde bei 1.809 eingegangenen Beschwerden in 23 Prozent aller Fälle Abhilfe geschaffen und 43 Prozent wurde an zuständige Behörden oder Organisationen weitergeleitet (siehe Graphik 1). Die Seite mit den volksverhetzenden Texten ist aber leider immer noch online und auch noch über die gängigen Suchmaschinen zu finden. Es geht aber auch anders: Der Online-Musiksender Last.fm musste auf die Beschwerde hin Seiten mit rechtsradikalen Inhalten sperren. Auf der Seite, die ehemals die rechtsradikalen Inhalte beherbergten steht eine kurze Notiz: „…diese Seite enthält evtl. jugendgefährdende Inhalte. Der Zugriff auf diese Webseite wurde gemäß des deutschen Jugendschutzgesetzes verwehrt“ (siehe Bild 1).

Weitere Aufgaben der FSM: Informationsmaterial und Aufklärungsarbeit zum Jugendmedienschutz

Neben der Beschwerdestelle und dem Service für ihre Mitglieder, liegt eine weitere Hauptaufgabe des Vereins in der Aufklärungsarbeit. So gibt der Verein Informationen und Empfehlungen für Eltern heraus, die sich mit kindlicher Medienkompetenz befassen. Darunter fällt z.B. der „FSM Internetguide für Eltern“, indem Tipps zum richtigen Umgang mit dem Internet gegeben werden. Des Weiteren wurde im Rahmen der Initiative „Ein Netz für Kinder“, der neben anderen Unternehmen auch die FSM angehört, die Kindersuchmaschine fragFINN.de (wir berichteten an anderer Stelle) gegründet, welche ausschließlich kindgerechte Internetseiten auflistet.

So umfassend das Angebot der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia auch ist, die FSM ist nicht die einzige kontrollierende Instanz in Deutschland. Auf Länderebene gibt es die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten, die sich vorwiegend um die Überwachung der privaten Rundfunkanbieter, Fernsehanstalten und anderen Mediendiensten kümmern. Auf Bundesebene existiert die BPjM, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die dem Familienministerium unterstellt ist und in erster Linie für Indizierungen, also die Aufnahme von jugendgefährdenden Medien in eine entsprechende Liste, vornimmt. Ein weiterer Verein ist die im Jahr 2005 gegründete Initiative „Deutschland sicher im Netz e.V.“ (DsiN), die unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministeriums steht und vor allem Aufklärungsarbeit leistet. Nun handelt es sich bei den Vereinen FSM und DsiN um relativ junge Initiativen, was klarmacht, dass erst seit kurzer Zeit Jugendmedienschutz im Internet überhaupt ein Thema ist. Die Landesmedienanstalten existieren zwar schon lange, kümmerten sich wie gesagt jedoch fast ausschließlich um Radio- und TV-Angebote.

Fazit: umfassende Zensur nicht möglich, aber solide Arbeit

Dass immer noch -ohne groß suchen zu müssen- jugendgefährdende Inhalte im Netz auftauchen, verdeutlicht, dass noch viel Arbeit geleistet werden muss und es scheint utopisch, jemals das gesamte Onlineangebot kontrollieren zu können. Daher ist die Aufklärungsarbeit, die von den genannten Organisationen geleistet wird, wahrscheinlich das wichtigste Mittel um in medialer Hinsicht erzieherische Arbeit zu leisten.

Man wird das Internet nie einer umfassenden Zensur unterworfen können. Ob eine Zensur überhaupt erstrebenswert ist, ist gerade Thema einer bundesweiten Diskussion, die ihren Ursprung in den Plänen der Familienministerin Ursula von der Leyen hat, nach denen Internetsperren für Seiten mit kinderpornografischen Inhalten eingerichtet wurden. Kritiker werfen ihr vor, eine derartige Zensur sei wenig effektiv, da nur die Augen vor dem eigentlichen Problem verschlossen werden. Durch das entsprechende Gesetz würde kein Opfer geschützt, die Informationsfreiheit im Internet sei aber gefährdet. Selbst Medienrechtler sind der Ansicht, dass das Gesetz das Problem nicht behebt, sondern eher dem Wahlkampf dient. In welche Richtung sich die Diskussion entwickeln wird, wird sich bald zeigen, da in nicht allzu langer Zeit Bundestagswahlen anstehen.

Die wichtigste und sinnvollste Methode Kinder vor jugendgefährdenden Inhalten zu schützen wird mit Sicherheit in der erzieherischen Arbeit der Eltern und Lehrer liegen, wodurch Kinder eine gewisse Medienkompetenz entwickeln und lernen sich sicher im Internet zu bewegen.

Links und weiterführende Infos

2 Kommentare zu “Internetbeschwerdestellen im Vergleich – Beschwerdemanagement bei der FSM”

  1. Hallo und Hey,
    tolle Seite:
    ich habe mich gerade bei der FSM beschwert weil ich da über hinrissige Videos gestolpert bin,
    die mir illegal vorkamen. Es waren Aufnahmen auf denen ein junge von anderen gehänselt wird.
    Beschweren ist nicht schwer!
    Ok, machts gut!

  2. Es gibt so viele abscheuliche Seiten im Internet, welche wirklich jugendgefährdend sind; da braucht man kein
    altmodischer Mensch sein; ich nenne mal einige Beispiele, da schämt man sich für die Menschen;
    1.Widerliche Songtexte von Death-Metal Bands(Mord, Kannibalismus, Vergewaltigung, Grabschändung; Nekrophilie,Zerstücklung
    von Menschen wird besungen/gegröhlt und verherrlicht)
    2.Genauso widerliche menschenverachtende Songtexte haben : Neo-Nazi Bands, Rapper,Black-Metal
    3.Und einige Gothic Bands wie „Goethes Erben“, da wird ebenfalls Kannibalismus und Nekrophilie verherrlicht
    4.Abstoßende Foren wo sich sogenannte Zoophile, die Tiere sexuell mißbrauchen austauschen; da kriegt einer das Kotzen
    (Beispielseite:www.zoophil.info)
    diese Seite MUß endlich gesperrt werden!!!

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